Am Rande der diesjährigen Mobilitätsmesse IAA Mobility in München kündigte VW an, die Finanztochter Volkswagen Financial Services plane eine Beteiligung am niederländischen Fahrradleasing-Anbieter Bike Mobility Services (BMS), einer Tochterfirma des niederländischen Fahrradherstellers und Fahrzeugimporteurs Pon, mit dem VW bereits zusammenarbeitet. Volkswagen steigt damit ins Fahrradleasing-Geschäft ein und folgt damit einem Trend der letzten Jahre: Das Fahrradgeschäft boomt.
Nach Angaben des Zweirad-Industrieverbandes (ZIV) lag der Umsatz der Fahrradbranche in Deutschland im Jahr 2022 mit rund 7,26 Milliarden Euro auf einem Rekordniveau. Haupttreiber dieser positiven Entwicklung sind E-Bikes, die immer populärer werden und 2022 einen Anteil von 48% am Gesamtumsatz hatten.
Das Fahrrad wird immer beliebter und das nicht ohne Grund: Radfahren ist gesund, günstig und eine umweltfreundliche Art der Fortbewegung. Das gilt auch für den Arbeitsweg. So nimmt die Zahl der Mitarbeitenden, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, kontinuierlich zu. Immer mehr Unternehmen erkennen das und lernen, dass sie durch die Förderung des Radfahrens ihrer Mitarbeitenden nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sondern auch für die Gesundheit ihrer Belegschaft etwas Gutes tun. Mittels Fahrradleasing können Unternehmen ihren Mitarbeitenden ein Dienstrad anbieten und damit das Radfahren explizit fördern.
Der VW-Konzern will nach eigenen Aussagen Europas größter herstellereigener Fahrrad-Finanzierer werden. Dazu will sich VW unter anderem an Bike Mobility Services (BMS) beteiligen, einer Tochterfirma des niederländischen Fahrradherstellers Pon. Zu BMS gehören Marken wie BusinessBike, Lease A Bike und B2Bike, es ist damit Europas führendes Fahrradleasingunternehmen. BMS stellt derzeit über 600.000 Mitarbeitenden in 65.000 Unternehmen – von großen Konzernen bis hin zu KMU – Dienstfahrräder zur Verfügung. Die Leasingfahrräder werden über ein Netz von 8.000 Fahrradhändlern ausgeliefert und gewartet. 90% der Fahrräder sind elektrisch.
Die Entscheidung von VW zeigt, dass der Markt boomt und viele Unternehmen das klassische Flottengeschäft erweitern und die Mobilitätsangebote für ihre Mitarbeitenden auf Fahrräder ausweiten wollen. Gerade größere Unternehmen wollten für ihre Mitarbeitenden neben Dienstwagen zunehmend auch Fahrräder anbieten und dafür gibt es mehrere Gründe.
Zum einen sehen sich Unternehmen in einem immer intensiveren Konkurrenzkampf um die besten Fachkräfte und mit einem attraktiven Dienstrad-Angebot haben sie die Möglichkeit, potentiellen Bewerber:innen, aber auch bestehenden Mitarbeitenden, einen modernen und nachhaltigen Mitarbeiterbenefit anzubieten.
Zum anderen müssen Unternehmen anfangen, nachhaltiger zu werden. Ab 2024 verlangt die EU mit ihrer dann geltenden Corporate Sustainability Reporting Directive von Firmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden, dass sie die CO2-Emissionen aller von den Mitarbeitenden im Rahmen des Pendelns und der Geschäftsreisen zurückgelegten Kilometer aufzeichnen und melden. In Verbindung mit den EU-Klimazielen bedeutet diese verschärfte Rechenschaftspflicht für Unternehmen, dass sie ihren betrieblichen CO2-Fußabdruck verkleinern müssen. Weniger ist da effektiver, als wenn immer mehr Beschäftigte mit dem Rad zur Arbeit fahren.
Schließlich spielen Unternehmen eine zentrale Rolle bei der Mobilitätswende und bei der Erreichung des übergeordneten Ziels, den Verkehrssektor nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Gesundheit, Klimaneutralität und Kostensenkung sprechen für eine neue Mobilitätsstrategie von Firmen für ihre Mitarbeitenden.
Dabei gibt es bei der Fahrradbranche auch Parallelen zur Automobilindustrie, denn je höher die Investition für ein Fahrrad ausfällt, desto relevanter werden Finanzdienstleistungen wie ein Leasing, nicht zuletzt um den Absatz für die Hersteller anzukurbeln und zu stabilisieren. Und der Trend geht eindeutig hin zu teureren E-Bikes, was zu einer steigenden Nachfrage nach Finanzierungen führt. Experten sehen beim Dienstfahrrad-Leasing ein Marktpotenzial von 10 Milliarden Euro.
Bisher war ein Dienstwagen für viele Arbeitnehmer:innen ein begehrter Gehaltsbestandteil. Allein in Deutschland gibt es derzeit rund fünf Millionen Firmenwagen. Allerdings scheint sich der der Wind allmählich zu drehen. Denn für viele Beschäftigte heißt die neue Luxusklasse “maximale Flexibilität bei größtmöglicher Nachhaltigkeit”. Das zeigt auch eine repräsentative Studie des Digitalverbands Bitkom: 96 Prozent der befragten Menschen in Deutschland geben an, dass sich ihr Mobilitätsverhalten in den letzten Jahren deutlich geändert hat und dabei vor allem multimodaler geworden ist, d.h. Menschen legen sich nicht mehr auf ein einziges Verkehrsmittel fest, sondern passen ihre Verkehrmittelwahl an ihre Situation, Bedürfnisse und Anforderungen an.
Ein Profiteur dieser gesellschaftlichen Verhaltensänderung ist das Fahrrad. 39% der Menschen nutzen das Fahrrad häufiger als zuvor und mit dem E-Bike-Boom verwenden vor allem ältere und automobile Menschen das Rad öfter. Der Boom bei den E-Bikes hat auch positive Auswirkungen auf das Dienstrad-Leasing. Gerade bei teureren E-Bike-Modellen fängt das Dienstrad-Leasing an, sich finanziell für Mitarbeitende besonders zu lohnen. Im Rahmen einer Gehaltsumwandlung ermöglicht das Leasing Mitarbeitenden, im Vergleich zum herkömmlichen Fahrradkauf bis zu 40% zu sparen.
Es sind unter anderem diese Gründe, warum Unternehmen das Angebot an Dienstwagen reduzieren oder sogar darauf verzichten können und stattdessen auf alternative Mobilitätsangebote wie ein Dienstrad oder ein Mobilitätsbudget setzen. Immer mehr Unternehmen setzen alternative Mobilitätsangebote auch in die Tat um, viele weitere könnten dem Trend folgen. So hat SAP Anfang 2023 als erster großer deutscher Konzern ein flächendeckendes Mobilitätsbudget für seine Mitarbeiter:innen als Alternative zum Dienstwagen eingeführt. Diese Entscheidung ist insofern bemerkenswert, da der Softwarekonzern mit rund 17.000 Fahrzeugen den größten Dienstwagenfuhrpark Deutschlands besitzt.
Neben einem Dienstrad-Leasing haben Unternehmen weitere Möglichkeiten das Radfahren zur Arbeit zu fördern. Dazu gehört beispielsweise, geeignete Fahrradeinrichtungen vor Ort zu schaffen wie z.B. sichere, geräumige, überdachte Fahrradabstellplätze, ausreichend Ladestationen für E-Bikes oder Umkleidebereiche, Kleiderhaken und Duschen.
Zudem wollen Mitarbeitende eventuell nicht immer mit dem Fahrrad fahren. Je nach Arbeit, privaten Umständen oder Wetterlage werden sie manchmal auch andere Mobilitätsentscheidungen treffen wollen. Deshalb sollten Unternehmen ihren Mitarbeitenden Flexibilität bei der Mobilität ermöglichen. Zum Beispiel, indem sie ihnen ein Mobilitätsbudget für öffentliche Verkehrsmittel (z.B. Deutschlandticket als Jobticket), geteilte Mobilität wie E-Bike, Carsharing oder E-Scooter, Taxi oder Tankguthaben zur Verfügung stellen. Dies ist auch für Auto-Pendler:innen geeignet, die für Geschäftstermine mehr mit dem Fahrrad fahren wollen.
Das Potenzial für mehr Fahrten mit dem Fahrrad ist da: Statistiken zeigen, dass knapp die Hälfte aller Arbeitnehmenden weniger als 10 Kilometer von ihrem Arbeitsplatz entfernt wohnt. Das ist eine Entfernung, die leicht mit dem Fahrrad zurückgelegt werden kann (unter 5 Kilometer ist das Rad sogar schneller als das Auto), aber ein großer Teil von ihnen fährt nicht mit dem Rad zur Arbeit. Und auch wenn man nicht alle davon überzeugen kann, wäre es natürlich sehr hilfreich, wenn ein größerer Teil von ihnen das Fahrrad benutzen würde. Mit den oben genannten Tipps können Unternehmen schon jetzt damit beginnen!