Die Art und Weise, wie wir arbeiten und wie wir in Zukunft arbeiten werden, verändert sich gerade. Unternehmen navigieren dabei zwischen der Flexibilität der Fernarbeit und der kontrollierten Arbeit vor Ort hin und her. Aktuell verlangen immer mehr Unternehmen von ihren Mitarbeitenden, dass sie mindestens einige Tage pro Woche ins Büro zurückkehren, und stoßen dabei auf Widerstand, Mitarbeiterschwund und “quiet quitting”.
Die Rückkehr ins Büro und die Ausarbeitung einer langfristigen Strategie für die Telearbeit erfordern ein klares Verständnis dafür, wie Unternehmen die Flexibilität der Telearbeit strukturieren und was für die Mitarbeitenden am besten funktioniert.
Denn viele Mitarbeitende wollen nicht unbedingt zurück ins Büro, wie eine Umfrage unter Beschäftigten zeigt. Andererseits geben immer mehr Firmen an, dass sie kein Homeoffice wollen. Wie also sieht die Zukunft der Arbeit aus? Remote oder doch zurück ins Büro?
Mehr als zwei Tage Büroanwesenheit stoßen bei den meisten Beschäftigten auf Widerstand. Die Mehrheit wünscht sich ein Recht auf Homeoffice. Das zeigt die “State of Hybrid-Work”-Umfrage von Owl Labs.
Unternehmen holen ihre Mitarbeitenden aktuell verstärkt ins Büro zurück, die meisten Angestellten sind darüber laut Umfrage jedoch nur bedingt begeistert. Zwar arbeiten 46 Prozent der Vollzeitbeschäftigten wieder komplett im Büro, wollen tun das tatsächlich nur 18 Prozent der Befragten. 64 Prozent der 2.000 befragten Angestellten bevorzugen hybrides Arbeiten.
Wie das hybride Arbeitszeitmodell aussehen soll? 40 Prozent wollen am liebsten strukturierte Hybridarbeit mit festgelegten Homeoffice-Tagen ausführen, 24 Prozent sprechen sich für flexiblere Homeoffice-Lösungen aus. Stolze 18 Prozent der Befragten würden gerne komplett Remote arbeiten können. Weitere Erkenntnisse der “State of Hybrid-Work”-Umfrage von Owl Labs: Eine Mehrheit (61 Prozent) wünscht sich ein Recht auf Homeoffice. 51 Prozent arbeiten bereits in einem hybriden Modell.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch andere Studien. Arbeitnehmende, die in der Lage sind, aus der Ferne zu arbeiten, würden es vorziehen, dies die meiste oder die ganze Zeit zu tun. Eine Gallup-Umfrage unter ortsungebundenen Arbeitnehmenden zeigt, dass 34 Prozent der Befragten Vollzeit Remote arbeiten möchten, 60 Prozent wünschen sich ein flexibles, hybrides Modell und lediglich sechs Prozent möchten in einer traditionellen Büroumgebung arbeiten. Eine McKinsey-Umfrage unter allen Arbeitnehmenden, ob remote oder nicht, ergab, dass eine Mehrheit der Befragten weniger als die Hälfte der Zeit im Büro arbeiten möchte. Und eine Umfrage der School of Politics and Economics am King's College fand heraus, dass 25 Prozent der Befragten kündigen würden, wenn sie gezwungen wären, wieder Vollzeit im Büro zu arbeiten.
Wieviele Tage im Büro und wieviele im Homeoffice bevorzugen die Mitarbeitenden?
39 Prozent der Befragten der “State of Hybrid-Work”-Studie wollen für zwei Tage im Büro und drei Tage im Homeoffice arbeiten. 34 Prozent sprechen sich für die umgekehrte Aufteilung aus. 14 Prozent der Befragten befürworten einen Tag im Büro pro Woche und vier Tage im Homeoffice, 13 Prozent möchten lieber vier Tage im Büro sein und nur einen Tag im Homeoffice.
Arbeitgeber sollten laut Studie jedoch vorsichtig umgehen mit zu strengen Vorgaben für die Arbeit im Büro. Denn Beschäftigte sind bei weniger flexibler Arbeit durchaus wechselwillig. Würden Arbeitgeber plötzlich eine Vollzeitpräsenz im Büro anordnen, würden 33 Prozent der aktuell hybrid Arbeitenden sich nach einem neuen Job mit hybridem Arbeitsmodell umsehen, weitere 33 Prozent würden sich zwar der Anweisung fügen, allerdings nach eigener Aussage unglücklich und weniger produktiv sein. Immerhin sieben Prozent würden ihren Job kündigen und 13 Prozent würden eine Gehaltserhöhung vom Arbeitgeber erwarten, um die zusätzlichen Kosten auszugleichen.
Wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro locken können
Damit Beschäftigte gerne zurück ins Büro kommen, sollten Arbeitgeber laut Umfrage attraktive Anreize schaffen. 29 Prozent der befragten Mitarbeitenden würden es begrüßen, wenn ihr Arbeitgeber kostenlose oder subventionierte Lebensmittel und Getränke bereitstellt. 26 Prozent wünschen sich die Übernahme der Pendlerkosten durch das Unternehmen, beispielsweise als Mitarbeiterbenefit in Form eines Jobtickets oder ein Mobilitätsbudget. Wenn Kleidungsvorschriften fallen würden, fänden das weitere 13 Prozent der Befragten gut.
Doch eine vollständige Rückkehr zur Präsenzarbeit wie zu Pre-Pandemie-Zeiten, erwartet eine Mehrheit der CEOs großer Firmen, wie eine aktuelle Umfrage der Beratungsfirma KPMG unter 1.300 Geschäftsführern zeigt.
Knapp zwei Drittel der befragten Konzernchefs und -chefinnen befürworten demnach eine vollständige Rückkehr ins Büro innerhalb der nächsten drei Jahre. Um das zu erreichen, wollen die Geschäftsführer:innen auch verstärkt Anreize schaffen: 87 Prozent geben an, sie würden Mitarbeitende, die ins Büro kommen, mit Beförderungen oder Gehaltserhöhungen belohnen.
Eine andere Studie kommt hingegen zum Schluss, dass viele Arbeitgeber ihre ursprüngliche Entscheidung, ins Büro zurückzukehren, inzwischen bereuen. Laut einer Studie von Envoy bereuen rund 80 Prozent von über 1.000 befragten Führungskräften die Entscheidung, nach der Pandemie ins Büro zurückzukehren. Als Grund dafür nennen sie ihr mangelndes Verständnis für die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden.
Dennoch wird der Ruf nach einer Rückkehr ins Büro in vielen Branchen immer lauter. Besonders zeigt sich das bei den großen Tech-Unternehmen: Apple, Google oder Meta verlangen von ihren Mitarbeitenden seit einigen Monaten, dass sie mindestens drei Tage pro Woche im Büro erscheinen. Selbst der Videotelefonie-Anbieter Zoom, der durch das Homeoffice der letzten Jahre erst groß geworden ist, beordert seine Angestellten zurück ins Büro.
Gründe für die Rückkehr ins Büro
Warum wollen viele Unternehmen ihre Mitarbeitenden zurück im Büro sehen? Der Envoy-Studie zufolge sind die wichtigsten Faktoren bei der Entscheidung für das Büro die Erfolgsmessung und eine sichere Büroraum-Planung. Langfristige Immobilieninvestitionen und hohe Büromietkosten zwingen viele Firmen zu einer Bürorückkehr, da man laut den Befragten nicht abschätzen könne, wie viele Mitarbeitende die Büros in Zukunft nutzen werden. Tatsächlich sind Büros laut Daten von WFH Research im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie nur zur Hälfte ausgelastet.
Fragt man die Angestellten, liegt der Grund für die Rückkehr ins Büro eher an den traditionellen Ansichten der Arbeitgeber über den Arbeitsort. Das glauben 47 Prozent der Befragten der “State of Hybrid-Work”-Umfrage von Owl Labs.
Bei der Frage „Homeoffice oder Büro?“ geht es eigentlich um das Vertrauen, dass die Bedürfnisse von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden in der richtigen Balance sind. Viele Menschen (auf beiden Seiten) haben jedoch im Zuge der Pandemie eben dieses Vertrauen verloren. Das macht das Aushandeln von Kompromissen in der Frage, wie in Zukunft zusammenarbeitet werden soll, so schwierig.
Was viele Mitarbeitende an der neuen Büropflicht der Unternehmen stört: sie fühlen sich bevormundet. Wenn Arbeitgeber sich für eine Bürorückkehr entscheiden, suggerieren sie, besser als sie selbst zu wissen, wie sie die beste Leistung erbringen. Damit verfestigt sich bei Angestellten ein Bild, das während der Pandemie entstanden ist: dass ihr Arbeitgeber nur dann auf ihre Bedürfnisse eingeht, wenn es ihm passt.
Andererseits zeigt sich bei einigen Unternehmen, dass die Vorstellung, alle könnten von überall aus arbeiten, ohnehin eine Illusion war. Manche Arbeitgeber bauten zunächst auf “Remote” und “Work from anywhere”, weil sie der Mitarbeiterfluktuation und dem Mitarbeiterschwund vorbeugen wollten.
Bestimmte Dinge wie der informelle oder kreative Austausch, gegenseitige Unterstützung oder die Identifikation mit dem Arbeitgeber können durchaus darunter leiden, wenn man die Kolleg:innen lediglich in virtuellen Meetings sieht und nicht die richtigen Maßnahmen unternommen werden, um die Kollaboration auch remote zu fördern. Doch mit harten Ansagen und Bevormundung werden sich Arbeitgeber schwer tun, Mitarbeitende zurück in ein Büro zu holen, das von Inspiration, Austausch und Kreativität leben soll.
Vielmehr sollten Unternehmen die Werte und Bedürfnisse der eigenen Mitarbeitenden beachten, um sie zu fördern und zu halten. Konkret bedeutet das: die Rückkehr ins Büro nicht zu erzwingen.