Zukunft der E-Mobilität: Wie steht es um die Ladeinfrastruktur in Deutschland?

Fahrer:innen von Elektroautos steuern statt der Tankstelle die Ladestation an. Neben privaten Ladesäulen und solchen auf dem Firmengelände gibt es diese öffentlich zugänglich. Deutschland hat das Ziel, bis 2030 eine Million Ladepunkte zu errichten. Doch wie viele sind es aktuell wirklich und kann Deutschland das Ziel erreichen? Wer bietet den Strom an und was kostet eine volle Ladung? Alles über den aktuellen Stand der Ladeinfrastruktur in Deutschland. Außerdem die wichtigsten Daten und Fakten zum E-Auto-Laden sowie ein Überblick über innovative Technologien.

Inhalt

  1. Aktueller Stand der öffentlichen Ladeinfrastruktur
  2. Verschiedene Systeme, Anbieter und Preise bei Ladesäulen
  3. Boom von privaten Wallboxen
  4. Trend zu höherer Ladeleistung
  5. Ladetechnologien und Konzepte im Überblick
  6. Öffentliche Ladeinfrastruktur in Deutschland: Das Ranking der Bundesländer

Aktueller Stand der öffentlichen Ladeinfrastruktur

Die Anzahl der Ladesäulen hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. 

Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur (NLL) hat ihren neuesten Bericht zur öffentlichen Ladeinfrastruktur in Deutschland veröffentlicht. Demnach sind zum Jahresbeginn 2024 insgesamt 106.431 öffentliche Ladepunkte in Betrieb, was einen Zuwachs von rund 20.000 Ladepunkten im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Wie die NLL in einem LinkedIn-Post zeigt, wächst die Infrastruktur stetig und die Ladesäulen werden immer leistungsfähiger.

Laut dem aktuellen Elektromobilitätsmonitor des BDEW gab es zum 1. Oktober 2023 in Deutschland 113.112 öffentliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge mit einer installierten Leistung von insgesamt 5,2 Gigawatt. Damit hat Deutschland die Marke von 100.000 Ladepunkten im Bestand in 2023 überschritten. Die meisten öffentlichen Ladesäulen wurden von der EnBW mobility+ GmbH betrieben.

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall investiert in Deutschland bis 2028 eine halbe Milliarde Euro für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Der Fokus soll hier der Ausbau von Ladestationen für sogenannte Location Partner sein. Dabei stellen beispielsweise Supermärkte, Parkhäuser oder Hotels Flächen zur Verfügung und Vattenfall investiert in die Infrastruktur und den Betrieb der Ladepunkte.

Auch die Bundesregierung will den Ausbau des öffentlichen, wie auch des privaten Ladenetzes in Deutschland fördern, um den wachsenden Bedarf an Ladesäulen für E-Autos zu decken und die Verkehrswende zur Elektromobilität zu unterstützen. Sie stellt dafür verschiedene Förderprogramme bereit. Das größte von ihnen ist das Deutschlandnetz, welches den Ausbau eines Netzes von Schnellladestationen fördern soll, um beispielsweise an Autobahnen ein schnelleres Laden zu ermöglichen. Der Staat fördert zudem private Wallboxen, damit Privathaushalte und Unternehmen auf ihren Grundstücken eine Ladeinfrastruktur aufbauen können.

Verschiedene Systeme, Anbieter und Preise bei Ladesäulen

Laden ist nicht gleich Laden. Für das Laden von elektrisch betriebenen Fahrzeugen gibt es verschiedene Varianten. So können E-Auto-Fahrer:innen ihr Fahrzeug an der "normalen" Haushaltssteckdose laden, an einer Wallbox oder auch an einem Schnelllader.

Wer von der vorhandenen öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge profitieren möchte, muss darüber hinaus noch die verschiedenen Ladesysteme, Anbieter und Ladetarife beachten. Einige Ladestationen erfordern eine Ladekarte, bei anderen erfolgt die Abrechnung über eine App. Dafür bieten eine Vielzahl an Anbietern Lösungen an, wobei die Preise für die Kilowattstunde (kWh) deutlich variieren können. Manche Anbieter rechnen außerdem nach Ladezeit ab. 

Boom von privaten Wallboxen

Private Wallboxen liegen im Trend. Ein Grund dafür ist ihre Förderung durch den Staat. Bis Ende 2023 wurden der Statistik der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur zufolge 688.562 der geförderten Wallboxen in Betrieb genommen. Weitere 285.887 private Ladestationen sind noch in Planung. Doch nicht nur Privatpersonen konnten von staatlicher Förderung profitieren. Die KfW legte außerdem auch ein Förderprogramm für Flotten von Kommunen und Firmen auf. So gibt es mittlerweile insgesamt mehr als eine Million privater und gewerblich genutzter Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Deutschland. Denn neben den offiziell geförderten Wallboxen gibt es eine unbekannte Zahl nicht geförderter Wallboxen, die privat finanziert wurden.

 

Das bedeutet: In Deutschland kommt derzeit auf ein Elektroauto ein Ladepunkt. Denn das Kraftfahrtbundesamt hat die Zahl der in Deutschland zugelassenen Autos mit reinem Elektroantrieb Anfang 2023 mit 1,01 Millionen angegeben. Hinzu kommen zudem noch knapp 865.000 Plug-in-Hybride.

Trend zu höherer Ladeleistung

Ein weiterer Trend, der sich beim Ausbau der Ladeinfrastruktur beobachten lässt: Die Ladeleistung wächst stärker als die Anzahl der Ladepunkte. Die installierte Ladeleistung stieg um 36,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das heißt, Nutzer:innen von Ladestationen können pro Ladepunkt auf mehr Ladeleistung zugreifen, was zu kürzeren Ladezeiten führt und damit den Bedarf an absoluten Ladepunkten reduzieren könnte.

Ein wesentlicher Faktor für die Zunahme der Ladeleistung ist die steigende Zahl von Schnellladepunkten mit mindestens 150 kW Ladeleistung. Sie machen inzwischen den größten Anteil des Zubaus aus. Im Gegensatz dazu spielen Normallader mit maximal 22 kW nur noch eine untergeordnete Rolle. Dennoch bleibt der Anteil der Normalladepunkte mit 83 Prozent am gesamten Bestand weiterhin hoch. 

Ladetechnologien und Konzepte im Überblick

Viele der öffentlich zugänglichen Ladestationen in Deutschland verfügen entweder über einen Wechselstrom-(AC)-Anschluss oder eine Kombination aus Wechselstrom-(AC)- und Gleichstrom-(DC)-Anschluss. Jedoch können die meisten Elektroautos nur eine geringe Wechselstrom-Ladeleistung von in der Regel max. 11 kW aufnehmen. Das reicht zwar, um das Auto über Nacht aufzuladen, jedoch nicht zum Schnellladen. Für eine Schnellladung braucht es eine Ladesäule mit Gleichstrom (DC).

Was ist der Unterschied zwischen AC- und DC-Laden?

Zusammengefasst: AC-Ladestationen können als Normalladesäulen bezeichnet werden und DC-Ladestationen als Schnellladesäulen. Sie unterscheiden sich vor allem in der Ladeleistung und Geschwindigkeit. 

Normalladesäulen (Wechselstrom bzw. AC-Laden)

AC-Ladestationen sind Ladepunkte, durch welche Wechselstrom aus der Steckdose in das Elektroauto fließt. Der On-Board-Netzwandler des E-Autos wandelt den Wechselstrom in Gleichstrom (DC) um. Das ist nötig, denn die Batterie des Elektroautos kann nur Gleichstrom speichern. 

AC-Ladestationen sind kompakte Ladestationen, welche private Haushalte für das eigene E-Auto oder Firmen im Fuhrpark einsetzen können. Sie haben eine übliche Ausgangsleistung von 11-22 kW und benötigen für einen vollständigen Ladevorgang mehrere Stunden. 

Schnellladesäulen (Gleichstrom bzw. DC-Laden)

DC-Ladestationen wandeln den Wechselstrom (AC) aus dem angeschlossenen Stromnetz direkt innerhalb der Ladestation in Gleichstrom (DC) um. Der Gleichstrom fließt direkt aus der Station in die Autobatterie und muss nicht erst über den Netzumwandler umgewandelt werden.

Im Gegensatz zu AC-Stationen haben DC-Ladestationen eine höhere Ladeleistung, die zwischen 50 und 240 kW liegt. Das ermöglicht einen schnelleren Ladevorgang innerhalb von Minuten. Schnellladestationen eignen sich somit vor allem an Tankstellen und an der Autobahn sowie auf Supermarktparkplätzen.

Schnellladesäulen benötigen allerdings mehr Platz und einen höheren Installationsaufwand. Sie sind zudem deutlich teurer als AC-Stationen, die Kosten bewegen sich hier im fünfstelligen Bereich. Eine AC-Station kostet hingegen zwischen 500 und 2000 Euro.

“Sonne tanken” - Solar-Ladestation für Elektrofahrzeuge

Zwar können Firmen für den Aufbau von Ladesäulen staatliche Zuschüsse erhalten, die Bereitstellung der Energie kostet sie trotzdem. Unternehmen zahlen bei installierten E-Ladestationen auf dem Unternehmensgelände für jedes benötigte Kilowatt. Bei einem großen Fuhrpark kann das schnell hohe Energiekosten verursachen. Eine Solar-Ladestation für Elektrofahrzeuge - beispielsweise als Solar-Carport - minimiert diese Kosten und maximiert zugleich die Klimabilanz. 

Induktives Laden

Eine weitere technische Innovation könnte das induktive Laden von E-Autos sein. Hier wird bereits an Lösungen geforscht, mit denen sich Elektroautos kabellos aufladen lassen. Beim induktiven Laden erfolgt die Übertragung der Energie im sogenannten Coil-to-Coil-Verfahren, also über Spulen, wie sie beispielsweise in elektrischen Zahnbürsten oder beim Qi-Prinzip zum kabellosen Laden von Smartphones vorkommen.

Ein weiteres Beispiel für kabelloses Laden sind in den Asphalt integrierte Induktionsmodule. Über am Fahrbahnrand installierte Steuerungsmodule werden Energie über ständig wechselnde Magnetfelder übertragen und der Akku des Elektroautos nach Bedarf aufgeladen. Nach diesem Prinzip des dynamisch-induktiven Ladens sind etwa öffentliche „Ladestraßen“, die das Fahrzeug ohne zeitliche Verzögerung mit Energie versorgen, vorstellbar. 

Öffentliche Ladeinfrastruktur in Deutschland: Das Ranking der Bundesländer

Laut Statista gab es im Oktober 2023 die meisten öffentlichen Ladepunkte in Deutschland in Bayern mit über 22.400 Ladepunkten. Darauf folgte Nordrhein-Westfalen mit etwa 19.800 Ladepunkten. Neben der Anzahl der Ladepunkte spielt zudem auch die Ladeleistung eine wichtige Rolle. Über die höchste durchschnittliche Ladeleistung verfügte Anfang 2023 Sachsen-Anhalt. Deutschlandweit hat die durchschnittliche Ladeleistung in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Darüber hinaus ist aber auch die Dichte an Ladesäulen entscheidend, also wie viele Ladepunkte es pro Elektroauto gibt. 

In welchen Bundesländern und Regionen das Verhältnis zwischen Elektroautos und Ladesäulen am besten ist, hat der Verband der Automobilindustrie (VDA) berechnet und dazu ein entsprechendes Ladenetz-Ranking erstellt. Dabei präsentiert der VDA drei Werte, die für den Ausbau der Elektromobilität entscheidend sein sollen: Das Ranking umfasst drei verschiedene Werte, die den Status der Elektromobilität in Deutschland beschreiben sollen: A-Wert, T-Wert und S-Wert. Der A-Wert liefert dabei einen Indikator für die Attraktivität des Elektroautos in der entsprechenden Region und vergleicht die Zahl aller zugelassenen Pkw (auch Verbrenner) mit der Zahl der öffentlichen Ladepunkte. Der sogenannte T-Wert teilt die Anzahl der zugelassenen Elektroautos durch die Zahl der Ladepunkte. Der S-Wert gibt wiederum an, wie viele E-Autos sich einen öffentlich zugänglichen Schnellladepunkt teilen müssen. Er zeigt damit wie viele öffentliche Schnellladepunkte mit mindestens 22 kW Ladeleistung es pro Elektroauto gibt.

Das Ranking beim A-Wert als auch beim T-Wert führt Ingolstadt an. Hier kommen 66 Autos beziehungsweise 4,2 E-Autos auf einen öffentlichen Ladepunkt. Beim A-Wert folgt Regensburg mit fast doppelt so vielen Autos pro Ladepunkt (125) auf Platz zwei. Das niedersächsische Emden liegt bei beiden Werten in den Top drei. Laut A-Wert am unattraktivsten ist der Umstieg zum Elektroauto im Landkreis Südwestpfalz mit 2275 Fahrzeugen pro Ladepunkt. Die Stadt Mülheim an der Ruhr belegt mit 81,4 beim T-Wert den letzten Platz. Beim S-Wert ist das Ost-West-Gefälle besonders auffällig, denn die fünf ostdeutschen Bundesländer weisen die besten Schnellladenetze auf. Bundesweit liegt der S-Wert bei 110,8.

Stefan Wendering
Stefan ist Freelance Autor und Redakteur bei NAVIT. Zuvor arbeitete er bereits für Start-ups und im Mobilitätskosmos. Er ist ein Experte für urbane und nachhaltige Mobilität, Mitarbeiter-Benefits und New Work. Neben Blog-Inhalten erstellt er auch Marketingmaterialien, Taglines & Content für Websites und Fallstudien.

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